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Die Corona-Impfung ist da! Sie ist zwar noch nicht in den notwendigen Mengen verfügbar, aber die Diskussionen zu ihrer Wirksamkeit, ihren möglichen Nebenwirkungen und vielen anderen Themen ist in vollem Gange und oft stark emotionalisiert. Die Verunsicherung ist manchmal dementsprechend groß. Einerseits, weil das Thema an sich sehr komplex ist und andererseits, weil bei der Vielzahl an verfügbaren Informationen oftmals schwer zu erkennen ist, auf welche Informationen man sich verlassen kann.
WIENXTRA möchte einen Beitrag leisten, um hier mehr Klarheit zu schaffen. Daher haben wir das bereits erfolgreiche Format der Online- Stammtische der Wiener Jugendarbeit aufgegriffen und die Ärztin Mirijam Hall eingeladen, um uns über die Corona-Impfstoffe zu informieren und um Fragen der Jugendarbeiter_innen zu beantworten.
Vertreter_innen der Stadt Wien – Bildung und Jugend (MA13) waren ebenfalls anwesend, um für die Jugendarbeit spezifische Fragen zu beantworten bzw. um Anregungen aus der Jugendarbeit in andere Magistratsabteilungen bzw. an politische Verantwortungsträger_innen der Stadt Wien weiterzutragen.
Hier sind also die Highlights:
- Alle in Österreich bereits verfügbaren Impfstoffe sind wirksam und sicher. Eine breite Anwendung in der Bevölkerung, gemeinsam mit anderen Maßnahmen, bietet einen Ausweg aus der Krise.
- Es gibt Unterschiede in der Wirksamkeit der verschiedenen Impfstoffe. Die Impfstoffe mit geringerer Wirksamkeit bieten aber dennoch ausreichend Schutz. Sie bieten mehr Schutz als bereits breit anerkannte Impfungen wie z.B. gegen Influenza und sind in der Wirksamkeit ähnlich einzustufen wie etwa die gängige Masernimpfung.
- Wo es eine Wirkung gibt, gibt es auch Nebenwirkungen. Diese halten sich aber in Grenzen, meist von kurzer Dauer und nicht gefährlich (z.B. Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Müdigkeit, Fieber).
- Die Entwicklung der Impfungen erfolgte zwar schnell, aber ging nicht auf Kosten der Sicherheit. Die Technologie auf der die mRNA Impfstoffe (Biontech/Pfizer und Moderna) basiert wurde nicht erst jetzt entwickelt, sondern wurden bereits Jahre lang erforscht. Forschung zu einer Corona-Impfung gibt es bereits seit dem SARS-Ausbruch 2002/2003, diese Erkenntnisse waren jetzt wichtige Basis für die Entwicklung einer wirksamen Impfung gegen COVID-19. Der dritte wichtige Faktor ist, dass weltweit alle verfügbaren Ressourcen für die Entwicklung des Impfstoffes eingesetzt wurden. Dies setzte eine noch nie da gewesene Menge an Mitteln (personell, finanziell, etc.) frei, mit denen gleichzeitig an mehreren Impfstoffen gearbeitet werden konnte, die bürokratisch notwendigen Wege (also Amtsverfahren) wurden parallel zur Entwicklung bereits abgewickelt, sodass es hier zu keinem Zeitverlust zwischen fertiger Forschung und formaler Zulassung gekommen ist.
- Die MA13 arbeitet mit anderen relevanten Magistratsabteilungen und politischen Vertretern_innen der Stadt Wien zusammen, um für eine rasche Durchimpfung der Jugendarbeiter_innen zu sorgen.
- Wenn eine Einstufung des Berufs Jugendarbeiter_innen erfolgt ist, kann man dies bei den Daten der Impf-Anmeldung nachträglich anpassen.
Fragen und Antworten, die während dem Stammtisch aufgekommen sind:
Gibt es Personengruppen die nicht geimpft werden dürfen?
Alle Personen, die aus der Zulassung rausfallen, dürfen nicht geimpft werden. Das sind also derzeit grundsätzlich Menschen unter 16 bzw. unter 18 Jahren und bei Astrazeneca derzeit die über 65-Jährigen. Abgesehen von diesen Personengruppen gibt es keine großen Gruppen an Menschen, die von der Impfung ausgeschlossen werden müssen (nur in Einzelfällen bei bestimmten Erkrankungs-Konstellationen). Bei schwangeren Frauen wird die Impfung nicht empfohlen, da es zurzeit noch zu wenige Daten dazu gibt, sie ist aber auch nicht verboten. In den USA werden Schwangere geimpft, wenn sie das wollen und bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass es negative Auswirkungen hat – eine diesbezügliche Studie für den Biontech/Pfizer Impfstoff läuft gerade. Eine Corona-Erkrankung während der Schwangerschaft kann sehr gefährlich (vor allem für die Mutter) werden, weil es hier ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe gibt.
Was passiert, wenn sich ein großer Prozentsatz der Bevölkerung in Österreich nicht impfen lassen möchte?
Dies hätte schlechte Auswirkungen, da man zurzeit von einer „Durchseuchung“ von ca. 7% ausgeht. Das heißt bis jetzt haben sich „nur“ 7% der Bevölkerung mit dem Virus angesteckt, davon haben aber sicher nicht alle ausreichend Antikörper gebildet, um vor einer erneuten Erkrankung sicher geschützt zu sein. Anhand dessen kann man sich ausrechnen, wie lange es dauern würde bis man zu einer ausreichenden natürlichen Durchseuchung kommt und was das in Bezug auf die einzuhaltenden Maßnahmen für uns alle bedeuten würde. Man müsste bis zur natürlichen Herdenimmunität Schutzmaßnahmen implementieren um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern, mit allen Konsequenzen, die wir auch jetzt schon spüren (Einschränkungen des persönlichen Lebens, Probleme für Wirtschaft und Kultur, Einschränkungen in der medizinischen Versorgung etc.). Je mehr Immunität wir erreichen, desto „lockerer“ kann das Leben wieder werden.
Verhindert eine Impfung, dass ich andere anstecke?
Ob man nach einer Impfung andere anstecken kann, ist noch nicht geklärt. Studien haben sich auf schwere Verläufe der Erkrankung und dem Verhindern dieser konzentriert. Erste Hinweise aus Daten der israelischen Gesundheitsbehörden deuten darauf hin, dass auch die Ansteckung durch die Impfung deutlich reduziert werden kann. Aber zweifelsfrei geklärt ist diese Frage noch nicht. Darum ist es so wichtig, dass wir eine möglichst hohe Durchimpfungsrate erreichen, damit auch Menschen die nicht geimpft werden können, geschützt sind. Wenn genug Menschen geimpft sind, ist es eigentlich egal, ob man selbst noch ansteckend ist oder nicht, denn eine geimpfte Person kann dann eine andere geimpfte Person jedenfalls nicht anstecken, da diese selbst geschützt ist.
Ab wie viel Jahren darf man sich ohne Einverständnis der Erziehungsberechtigten einem Anti-Gen Test unterziehen bzw. ab welchem Alter darf man sich impfen lassen ohne Erlaubnis der Eltern?
In Österreich gibt es dazu zwei Altersgrenzen: 14 und 18 Jahre. Ärzt_innen können einen Behandlungsvertrag mit Patient_innen ab dem 14. Lebensjahr abschließen, dabei müssen sie sich von der Reife des Patienten/der Patientin überzeugen und entscheiden, ob das Kind bereits in der Lage ist selbstständige informierte Entscheidungen zur eigenen Gesundheit zu treffen und etwaige Konsequenzen zu verstehen. In der Praxis kommt es aber selten vor, meistens wird die Unterschrift der Eltern eingeholt. Praktisch ist es u.U. schwierig, rechtlich aber möglich. Das gleiche gilt für den Antigen Test.
Siehe auch: https://www.jugendarbeit.wien/impf-muendig-ab-14/
Ist es wichtig, dass sich Menschen die bereits an Corona erkrankt sind und auch diejenigen, die bei der Erkrankung keine Symptome hatten, impfen lassen?
Die Empfehlung auf diese Frage lautet eindeutig JA zur Impfung für Menschen , die die Krankheit bereits durchgemacht haben. Gerade Menschen die einen asymptomatischen Verlauf hatten, haben oft nicht genug bzw. keine Antikörper gebildet und haben daher keinen Schutz.
Was heißt “milder Verlauf”?
Milder Verlauf heißt, dass ich zwar symptomatisch bin (Husten, vielleicht Fieber, Geruchsverlust, Unkonzentriertheit, etc,) aber keine Sauerstoffzufuhr bzw. Beatmungshilfe benötige und nicht im Spital aufgenommen werden musste.
Können unterschiedliche Vektorimpfstoffe bzw. mRNA Impfstoffe miteinander kombiniert werden um Impfschutz zu erlangen?
Unterschiedliche Stoffe können theoretisch kombiniert werden, praktisch derzeit nicht. Zurzeit gibt es noch keine großen Studien dazu und daher wird eine Person bei der zweiten Dosis immer mit demselben Impfstoff geimpft.
Ist eine natürliche Immunität besser als eine künstliche?
Wie das Immunsystem zu seinen Antikörpern (ob durch „natürlichen“ oder „künstlichen“ Reiz, der zur Produktion von Antikörpern führt) kommt, ist im Ergebnis völlig egal. Wichtig ist die Anzahl der wirksamen Antikörper im Blut (Titer).
Wird es irgendwann einen direkten oder indirekten Impfzwang geben?
Die politische Lage in Österreich spricht nicht für eine Impfpflicht. In einer Vielzahl an EU- Ländern gibt es aber andere Impfungen die vorgeschrieben sind, in Österreich gab es viele Jahre die Pocken-Impfpflicht, auch Reiseimpfungen wie Gelbfieber sind in vielen Ländern vorgeschrieben, also wäre eine Impfpflicht prinzipiell nichts völlig Exotisches.
Erfährt man welchen Impfstoff man erhält? Oder kann man sich den Impfstoff vielleicht aussuchen?
Man kann sich den Impfstoff nicht aussuchen, erfährt aber welchen man bekommt. Unmittelbar vor der Impfung findet eine ärztliche Beratung und Aufklärung statt und der Impfstoff wird im Impfpass vermerkt.
Wie hoch ist die Immunität von Astra Zeneca nach der ersten Impfung? – und wann tritt (nach der zweiten Impfung) die Immunität ein?
Drei Wochen nach der ersten Dosis hat man schon einen Schutz aufgebaut. Der zeitliche Abstand bis zur 2. Dosis beträgt 3 Monate. Den vollen Schutz erreicht man erst nach der zweiten Impfung.
Warum hört man derzeit so wenig über den Impfstoff von Moderna?
In Österreich wird der Impfstoff bislang kaum eingesetzt, weil er nicht in großen Mengen bestellt wurde. Laut der verfügbaren Informationen ist dieser aber in seiner Wirksamkeit mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer zu vergleichen.
Sollen Krebspatient_innen und Allergiker_innen geimpft werden?
Allergiker_innen müssen vorbereitet sein. Diese Fragen werden aber ohnehin abgeklärt bevor es zur Impfung kommt. In den Spitälern und bei den Impfstraßen sind die notwendigen Medikamente vorbereitet, auch bei Ärzt_innen in der Praxis. Bei allen Impfungen weltweit sind nur eine Handvoll von anaphylaktischen Schocks bekannt, das bedeutet, dass Hunderttausende Impfungen verabreicht werden bis so ein Fall eintritt.
Krebspatient_innen werden in vielen Fällen bei der Impfung sogar vorgereiht, da sie einer Hochrisikogruppe angehören. Sie bekommen immunsupressive Therapien, daher ist die Notwendigkeit noch einmal verstärkt. Es kann aber sein, dass sie weniger Antikörper bilden, da manche Medikamente das Immunsystem beeinträchtigen. Daher muss kontrolliert werden, ob ausreichend Schutz aufgebaut werden konnte.
Gibt es eine Empfehlung zur Impfung, wenn ein Kinderwunsch in nächster Zeit besteht?
Bei einem Kinderwunsch wird auf jeden Fall eine Impfung empfohlen, da in der Schwangerschaft der Verlauf schwer sein kann. Ebenso ist in der Stillzeit die Impfung empfohlen, dabei können auch Antikörper an das Kind weitergeben werden.
Was bedeutet es, dass Kinder und Jugendliche nicht geimpft werden können? Welche Auswirkungen wird das haben? (bspw. Schulbetrieb, Infektionsgeschehen, etc.)
Die Auswirkungen kennen wir bereits (Schulschließungen, etc.) Es wird noch an der Verträglichkeit und richtigen Dosierung für Kinder und Jugendliche geforscht. Wir gehen derzeit davon aus, dass Mitte bis Ende des Jahres auch eine Impfung für die Gruppe der unter 16-jährigen verfügbar sein wird.
Autoimmunerkrankung?
Bei Autoimmunerkrankungen hängt es von der jeweiligen Krankheit ab und muss für jede_n Patient_in individuell überlegt werden.
ALDO PEREZ
WIENXTA – Institut für Freizeitpädagogik
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