„Manchmal kommt es mir so vor, als wäre die Welt in zwei Hälften geteilt – eine für Mädchen und eine für Jungs – und jeden Tag streiten wir darüber, welche Hälfte besser ist.“
So lautet der erste Satz aus einem YouTube-Video, das der Siedlungstreff Leberberg mit Kindern und Jugendlichen gedreht hat. Während dieser Satz aus dem Off gesprochen wird, wird auf der Bildebene eine Grenze gezogen – eine Grenze aus Kreide am Boden, also nichts, was sich nicht leicht verschieben lässt. Nichts, was man nicht ohne Mühe überschreiten und neu zeichnen kann, oder?
Medien als Methode
Die Kamera war am Beginn unserer Planungen im Team nur ein Mittel zum Zweck, weil: (1.) Sie ist ein Publikumsmagnet – freilich nicht für alle, manche halten sich lieber hinter der Kamera auf – und (2.) die angebotene Veröffentlichung der Statements verpflichtet zu einer gewissen Ernsthaftigkeit. Bei den jüngeren Teenies hat das auch sehr gut funktioniert. Ältere Jugendlichen haben sich zwar in Gesprächen sehr interessiert gezeigt, wollten aber großteils leider nicht vor die Kamera treten.
Technische und gestalterische Aspekte – Wahl des Hintergrunds, Licht/Beleuchtung, Wind und Ton usw. – sind erst in der konkreten Situation beim Dreh sind eingeflossen. Im Mittelpunkt stand also das Thema (Genderstereotype), aber die anderen Aspekte – wir brauchen noch Atmo, damit es zum Zuschauen abwechslungsreicher wird, wer hat eine Idee – sind nicht zu kurz gekommen.
Es gab insgesamt 3 Drehtage. Das Wetter war gut, so konnten wir viel draußen drehen – und so Aufmerksamkeit auf unsere Arbeit ziehen. Da es ein Interviewfilm war, konnten sich viele Kids beim Dreh beteiligen. Die Sichtung der entsprechend großen Materialmenge sowie den Schnitt haben dann wir übernommen. Einige Kids haben wir während der Schnittphase (2 Wochen) lediglich punktuell in beratender Funktion eingebunden.
Die Zielgruppen und ihre Zugänge zum Thema
Zielgruppen waren Teenies und Jugendliche. Besonders jüngere Mädchen* haben sich bereit gezeigt, sich einzubringen. Sie haben von konkreten Diskriminierungen aufgrund ihres Geschlechts berichtet – Ausschluss von bestimmten Aktivitäten, demotivierende Vorurteile. Die jungen Burschen* hingegen haben mehrheitlich selbst da, wo sie selbst Täter waren (z.B. durch aktives Ausschließen von Mädchen* von bestimmten Spielen), kein Problem gesehen. Mit diesen Burschen* haben wir in zwei kleinen Diskussionsrunden (à 5 männliche Teenies) mit Flipcharts am Begriff „Vorurteil“ gearbeitet. Die gleichaltrigen Mädchen* waren in ihren Überlegungen (notgedrungen) schon weiter.
Arbeit mit dem Medienprodukt
Wir haben den fertigen Film immer wieder gezeigt, wenn es thematisch gepasst hat – manchmal am Handy, manchmal im Jugendcafé – und konnten so wertvolle Diskussionen anstoßen. Zum Abschluss ein kleiner Wordrap aus dem Jugendcafé (Zitate von 3 weiblichen, 1 männlichen Jugendlichen*):
Jugendliche (weiblich): „Die Frage ist die: Hast du diese Interessen, weil du es so vorgelebt bekommst? Oder hast du sie immer schon?“
Jugendlicher (männlich): „Das fängt ja schon mit dem Spielzeug an, wenn du ein kleines Kind bist. Es kommt einfach drauf an, ob dir deine Eltern ein Auto zum spielen anbieten oder was anderes.“
J(w): „Wenn du als Junge sagst, du zockst gern, ist das nix Besonderes. Aber wenn ich als Mädchen sag, dass ich gern zock, dann ist das was Außergewöhnliches. Also das ändert sich schon, aber es ist immer noch so.“
J(m): „Ich interessier mich ziemlich für Technik, Computer. Ich nehme an, wenn ich als Mädchen auf die Welt gekommen wär, würde ich mich nicht so für Computer interessieren.“
J(w): „Technikinteressiert sind schon einige Mädchen, aber nur so nebenbei. So weit gehen sie halt nicht, dass sie dann auf eine HTL gehen.“
Leitlinien für genderkompetente Jugendarbeit