Wie fühlt es sich an, nichts zu sehen? Wie kommuniziert man, wenn Worte nicht hörbar sind? Diesen und ähnlichen Fragen widmete sich der Jugendtreff Penzing im Herbst 2024 mit einem partizipativen Inklusionsprojekt für Jugendliche zwischen 12 und 24 Jahren. In drei interaktiven Workshop-Tagen und einem gemeinsamen Ausflug zur Ausstellung „Hands Up – Erlebnis Stille“ tauchten insgesamt 19 Jugendliche in neue Lebensrealitäten ein – neugierig, offen und voller Lernbereitschaft.
Der Schwerpunkt lag auf praktischen Erfahrungen: Vom Tasten der Brailleschrift über das Navigieren mit verbundenen Augen bis hin zum Erlernen erster Gebärden – alle Stationen forderten die Sinne heraus. Etwas mehr Konzentration erforderte die Entschlüsselung von vorgegeben Sätzen in Brailleschrift welches die Jugendlichen mit Hilfe des Braille-Alphabetes spielerisch meisterten. Besonders eindrucksvoll war der Ausflug, bei dem neun Jugendliche von einem gehörlosen Guide durch die Ausstellung geführt wurden – ohne gesprochene Sprache, allein mit Körpersprache und Kopfhörern. Die Begegnung war für viele ein prägendes Erlebnis, das noch lange nachwirkte. Zurück im Jugendtreff gaben die Jugendlichen ihr neu gewonnenes Wissen mit Begeisterung an andere weiter.
Was das Projekt so wirkungsvoll gemacht hat, war die Verbindung von Selbsterfahrung, persönlichem Austausch und jugendnahen Zugängen. Viele brachten bereits eigene Berührungspunkte mit – sei es durch Freund:innen, Schule oder Influencer:innen mit Behinderungen. Genau diese Mischung aus Vorwissen und neuer Erfahrung ermöglichte einen tiefgehenden Perspektivenwechsel.
Natürlich gab es auch Herausforderungen – etwa die Balance zwischen Information und Überforderung. Doch das ehrliche Interesse der Jugendlichen und ihre Offenheit machten das Projekt zu einem vollen Erfolg.
Unser Fazit: Inklusion gelingt dann besonders gut, wenn sie erlebbar wird. Wer ein ähnliches Projekt plant, sollte Mut zur Interaktion mitbringen und den Jugendlichen Raum geben, selbst zu entdecken, zu fragen und zu gestalten.
Autor*in: Nora Mersal für Streetwork Penzing