Als Team eines Jugendzentrums reflektiert man oftmals gemeinsam über die Bandbreite und auch Grenzen von Beziehungsarbeit. Zu einigen Jugendlichen haben sich über längere Zeiträume enge professionelle Beziehungen gebildet, weswegen auch persönlichere Themen inklusive komplexerer Problematiken behandelt werden. Wenn zu diesen Problemen juristische Auseinandersetzungen und in manchen Fällen Haftantritte hinzukommen, sehen wir es als notwendig, dass die Beziehungsarbeit die Räumlichkeiten des Jugendzentrums verlässt, um den Jugendlichen in Form einer Begleitung dieser schwierigen Prozesse unterstützend beizustehen.
Diese Begleitung kann unterschiedliche Formen annehmen. Dies beinhaltet unterstützende Gespräche zur mentalen Entlastung, Präsenz bei Gerichtsterminen und Rechtsberatungen, sowie die Erklärung bzw. „Übersetzung“ von amtlichen Briefen, da diese oftmals kompliziert formuliert und für viele der Betroffenen schwer zu verstehen sind.
Immer wieder sind bei Verhandlungen große Gruppen von Freund:innen der Beschuldigten anwesend. Die Stimmung ist dann aufgeheizt bzw. gedrückt und gerade bei Verurteilungen braucht es danach klärende Gespräche (bspw. bei einem Getränk am nächsten Imbissstand) um die Betroffenen und ihre Angehörigen so gut es geht in dieser Situation zu begleiten und wo möglich zu entlasten.
Wenn Jugendliche als letzte Konsequenz ihrer Handlungen einen Haftantritt haben, stellt sich häufig die Frage, wie die Beziehungsarbeit weiterhin aufrecht zu erhalten ist. Oft waren/sind wir als Jugendarbeiter:innen enge Bezugspersonen, weshalb nach Möglichkeit weiterhin online, telefonisch aber auch im Zuge von Haftbesuchen Kontakt gehalten wird. Die Beziehungsarbeit gestaltet sich in dieser Zeit schwieriger, da es sich um ein hochschwelliges Angebot handelt und die Strukturen der Haftanstalten frustrierend sein können. Dennoch sehen wir eine große Wichtigkeit in einem steten Austausch mit Jugendlichen in Haft, da er für die Jugendlichen die Möglichkeiten bietet Perspektiven für die Zeit danach zu entwickeln. In mehreren Fällen durften wir erleben, wie der erste Weg aus der Justizanstalt häufig gleich wieder ins Jugendzentrum führt, was uns zeigt, wie wichtig die Offene Jugendarbeit als Anker für diese Heranwachsenden ist.
Warum wir all das schreiben? Die Nachfrage und der Bedarf nach diesen Angeboten steigt massiv an häufig verläuft der Übergang zwischen einer Partie Tischtennis und der Nachfrage ob wir „Bitte!“ morgen bei einer Gerichtsverhandlung dabei sein können fließend. Auch das ist die breite Qualität der Jugendarbeit.
Autor: Lukas Mayer für BasE20
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